100 Jahre Nordseewoche – ein kräftezehrendes und besonderes Erlebnis

Der Lohn – zweimal Platz 2 in den Einzelwertungen, Platz 1 in der Gesamtwertung – Ein Bericht von Uwe Barthel

Im Rahmen der diesjährigen Nordseewoche sollte die Internationale Deutsche Meisterschaft Seesegeln Double Hand, bestehend aus dem Capitell-Cup Rund Helgoland und der Pantaenius Rund Skagen Regatta, stattfinden.

Um es vorweg zu nehmen: Die Meisterschaft ist zu einer Bestenermittlung geworden, weil leider nicht genügend Meldungen eingegangen waren. Dennoch war die gesamte Veranstaltung, die für meinen Co-Skipper Matthias Bröker (Judel/ Vrolijk) und mich am Donnerstag, den 2.06.2022 mit der Fahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal von Kiel nach Brunsbüttel begann, ein Erlebnis der besonderen Art.

Freitag, 3. Juni 2022: Brunsbüttel – Cuxhaven – Helgoland

Freitagmorgen ging es dann durch die Schleuse auf die Elbe und mit Schiebestrom und keinem Wind Richtung Cuxhaven, das wir gegen Mittag bei totaler Flaute erreichten. Für den Nachmittag und den um 18.30 Uhr geplanten Start der Sundowner- Regatta nach Helgoland waren aber nördliche Winde bis max. 20 kn vorhergesagt und so konnten wir nach einer anstrengenden Kreuz im ersten Teil mit vielen Wenden im engen, östlichen Korridor neben dem Fahrwasser, was wir nicht befahren durften, noch vor Mitternacht die Ziellinie in Helgoland passieren.

Samstag, 4. Juni 2022: Warm-up

Am Sonnabend schlossen sich dann drei Kurzwettfahrten an, die wir als Warm-up und Manövertraining nutzten. Ich habe nicht mitgezählt, wie oft wir den Gennaker an diesem Tag gesetzt, geborgen, gepackt und wieder gesetzt haben, aber am Abend war nur noch Schlafen und Ausruhen angesagt.

Sonntag, 5. Juni 2022: Capitell-Cup Rund Helgoland

Der Sonntag startete mit dem Capitell- Cup, einer Mittelstreckenregatta, die uns bei herrlichem Sonnenschein und weiterhin nördlichen Winden um 20 kn im Uhrzeigersinn um die Insel führte. Diese Wettfahrt war der erste Bestandteil der Bestenermittlung und wir beendeten sie nach berechneter Zeit auf dem zweiten Platz. An diesem Abend haben wir es immerhin noch an Land auf die Terrasse einer Pizzeria auf dem Oberland geschafft, denn alle anderen Restaurants waren hoffnungslos überbucht und ohne Reservierung war nichts zu machen.

Montag, 6. – 10. Juni 2022: Pantaenius Rund Skagen (Helgoland – Kiel)

Der Montagmorgen startete mit einem umfangreichen Sicherheitscheck: Die komplette Notausrüstung (Notantenne, Reservelaternen, Leckstopfen, Feuerlöscher, Löschdecke, Reservepatronen für die Schwimmwesten, Raketen, Notfallmedizin usw.) wurde kontrolliert. Um 14 Uhr erfolgte dann die Steuermannsbesprechung, das Wetterbriefing von Meeno Schrader und die Ausgabe der YB-Tracker, die die Kurse der teilnehmenden Boote aufzeichnen sollten. Der Wetterbericht war ziemlich ernüchternd und versprach zumindest bis Mittwochmorgen Niederschläge in unterschiedlicher Intensität. Wind sollte es aber auch geben; der hatte in der vergangenen Nacht über Ost auf Süd gedreht und versprach im ersten Teil des Rennens ein zügiges vorankommen. Der Start war für 16.30 Uhr terminiert und beim Auslaufen mussten alle 36 Teilnehmer des Rund Skagen Rennens den Hafen mit gesetzten orangenen Sturmsegeln verlassen. Zum Start herrschten dann lediglich 8 kn Wind, der aber im Verlauf des Abends auf bis zu 26 kn auffrischte. Wir hielten uns relativ weit im östlichen Teil auf, um eine nächtliche Durchfahrt zu vermeiden. Außerdem hatte ich für den Verlauf der Nacht einen leichten Linksdreher in meinen grib-Daten ausgemacht, der uns unter A5 mit bis zu 14 kn Boatspeed bis weit in die Nacht gut voranbrachte. Der Wind drehte im Verlauf der nächsten Stunden aber wieder zurück, sodass der weitere Verlauf des Rennens bis Skagen von Halb- bis Hoch am Wind Kursen geprägt war.

Nach der Rundung der nördlichsten Wendemarke stand die nächste Entscheidung an: östlich oder westlich an Laesö vorbei?! Wir entschieden uns für den westlichen Kurs, den offensichtlich, wie man auf dem Tracker sehen konnte, die überwiegende Zahl der Teilnehmer gewählt hat. Diese Phase des Rennens war von Leichtwind bis Flaute gekennzeichnet und man war schon zufrieden, wenn es überhaupt fuhr. Aber auch hier waren wieder taktische Überlegungen gefragt: Meine Wetterdaten sagten voraus, dass der östliche Wind am Nachmittag des 8.06.2022 über Süd zum 9.06.2022 auf West drehen sollte. Also nahmen wir zunächst Kurs auf Sejerö, um dann entlang des Verkehrstrennungsgebiets Richtung Rosnaes voranzukommen. Den vorhergesagten Südwind nutzten wir dann nördlich der Brücke über den Großen Belt zum „Sprung“  auf die westliche Seite des Belts, in dessen Mitte es uns mit ca. 2 kn entgegen strömte. Tatsächlich drehte der Wind im weiteren Tagesverlauf auf 270 Grad, sodass wir hoch am Wind im westlichsten Teil der Brücke (westlich von Sprogö) mit 16 Meter Brückenhöhe passieren konnten. Von da ab ging es dicht unter Land von Langeland Richtung Süden dem Ziel entgegen.

 Der Wind frischte immer weiter auf, sodass wir beim Verlassen des Windschattens von Langeland gegen 19.30 Uhr auf bis zu 24 kn Wind und entsprechend holprige See trafen. Zeitweise erstes, zeitweise zweites Reff im Groß passierten wir gegen 23 Uhr Kiel Leuchtturm an Backbord und um 0.06.51 Uhr des 10.06.2022 (nach 3 Tagen, 07:36:51) und 566 getrackten Seemeilen das Ziel unmittelbar vor dem Olympiahafen in Schilksee. Nach berechneter Zeit belegten wir auch hier den zweiten Platz, was mit vier Punkten zum Gesamtsieg der Bestenermittlung reichte.

Die Nacht verlief in Schilksee in komatösem Tiefschlaf; am Sonnabendmorgen gab es in der DSV-Lounge noch belegte Brötchen und Kaffee für die Teilnehmer. Die Preisverleihung soll Anfang November in Hamburg stattfinden.

Die Pantaenius Rund Skagen Regatta wurde übrigens von dem Namensgeber der Veranstaltung gewonnen: Die ELAN der Familie Baum hat zum wiederholten Mal nach berechneter Zeit gewonnen. First ship home war die L4/Trifork, ein ehemaliger VOR70 mit Skipper Jens Dolmer.

Bildrechte www.nordseeewoche.de:

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